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Kreta ... und mein Herz schlägt rascher

Wie es dazu kam, dass ich mich in Kreta verliebte

"Kreta", murmelte ich, "Kreta", und mein Herz schlug rascher. 
Auch nach Jahren trifft dieser Satz aus Nikos Kazantzakis „Alexis Sorbas“ auf mich zu. Deshalb verdient diese Insel einen eigenen Text in diesem Blog. 1996 besuchte ich zum ersten Mal Griechenland und war so fasziniert, dass ich mehr von diesem Land sehen wollte. Nach Kreta kam ich das erste Mal ein Jahr darauf. Dank vorgelebter Sicherheiten und mangelnder Erfahrung im Reisen ganz brav als Pauschaltourist. Untergebracht in einem ziemlich hässlichen Hotelbunker bei Iraklio mit einem überfüllten Strand über die Straße, erahnte ich dennoch den Zauber. Ich erinnere mich an den Zitronenbaum im Hotelgarten, von dem der Wirt frische Zitronen für meine Cola pflückte. Deutlich sehe ich den verbeulten VW Polo vor mir, mit dem ein vollbärtiger Bauer frisches Lammfleisch anlieferte. Das ausgenommene Tier lag einfach so im Kofferraum.

Damals besuchte ich auch zum ersten Mal Lendas. Das kleine Dorf klemmt am Fuße des Asteroussia-Gebirges, umspült von der Lybischen See. Im Westen wird die Ansammlung weißer Häuschen von einem Felsen begrenzt, der an einen Löwen erinnert. Die Sage erzählt die Geschichte des Löwen von Lendas: Kreta und Afrika hingen einst zusammen. Als sich Kreta vom afrikanischen Kontinent trennte, sprangen alle Löwen hinüber nach Afrika. Nur einer schaffte es nicht. Er weinte bittere Tränen, bis er versteinerte und für immer aufs Libysche Meer hinaus schaut, sehnsuchtsvoll in Richtung Afrika. Deshalb ist das Mittelmeer salzig …

In einer einfachen Taverne am Strand fragte die Besitzerin, deren Namen ich damals noch nicht kannte, ob wir ein Zimmer wollen. Elpida ahnte bis an ihr Lebensende nicht, dass sie damit zweierlei bewirkte: Zum einen das Ende meines Pauschaltouristentums, zum anderen eine tiefe Verbundenheit zu diesem Fleckchen Erde.

Südküste von Kreta bei Kalamaki

Lendas zog schon im Altertum die Reisenden an. Um eine Quelle mit heilkräftigem Wasser entstand eine Badeanstalt, ein Kurort, zu dem sich die Reisenden begaben. Das Wasser, aus dem sie heute auf der anderen Seite des Berges Limonade machen, soll immer noch besondere Kräfte haben. Ein Fischer erzählte mir einst die Geschichte vom magischen Lendaswasser. „Wer das Wasser trinkt, kommt wieder“, sagte er. Es muss am Wasser liegen. Mit logischem Menschenverstand ist dieser Zauber nicht zu erklären, der mich seitdem mindesten einmal jährlich nach Kreta und nach Lendas führt.

Oft werde ich gefragt, ob ich nicht das Gefühl habe, etwas zu verpassen, wenn ich nur Griechenland bereise. Die Welt kenne doch so viele interessante Orte. Mag sein. Ein paar davon hab ich schon gesehen. Doch keiner schafft es, diese Sehnsucht zu stillen. Nirgendwo breitet sich diese Ruhe in mir aus, erfüllt mich das Gefühl, ganz bei mir selbst zu sein.

Kreta erscheint mir wie ein destilliertes Griechenland. All das, was die Faszination Griechenland ausmacht, erlebe ich hier viel dichter, komprimierter, intensiver. Ein unbekannter Autor versuchte dies in Worte zu fassen, die auf der Weihnachtskarte meiner Lieblingsautovermietung an meiner Pinnwand überdauern:

wunderbares kreta

du stolze Insel

mit deinen hohen bergen

tiefen schluchten

und lieblichen stränden


schwimmend in der blauen

mediterranen See

unter strahlend gelber sonne

und azurem himmel

jahrein – jahraus

jahrtausende


wer dich besucht

den ziehst du in deinen bann

unbemerkt und keiner logik

folgend

ist man dir verfallen

lebenslang

Kapelle in der Schlucht Agiofarago

Und so wundert es nicht, dass ich einen Roman schreiben wollte, der auf dieser zauberhaften Insel spielt. Jeder Meter Boden, den der Fuß auf Kreta berührt, ist von Geschichte durchtränkt. Zeugen aus allen Epochen gibt es zu entdecken. Ganz besonders fasziniert mich die Kultur der Minoer, der ersten Zivilisation auf europäischen Boden, und ihr geheimnisvoller Untergang. Besonders Phaistos, die minoische Stadt in der Messara-Ebene, nicht weit von Lendas, hat es mir dabei angetan. Deshalb spielt hier meine Geschichte "Der Untergang von Phaistos". Der Roman um Ide ist meine ganz persönliche Liebeserklärung an diese meine Herzensinsel.

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